Speyer

Judenhof

Im Zentrum des ehemaligen Judenviertels (»Judenhof«) ist die Monumentalmikwe aus der Zeit um 1120 erhalten. Das beeindruckende Ritualbad ist das älteste erhaltene seiner Art in Europa. Die Mikwe und ihre Anlagen waren für die Juden in Speyer bis zur Auflösung der Gemeinde im ersten Drittel des 16. Jahrhunderts ein zentraler Ort.
Wer sich in die Mikwe begibt, geht hinunter auch in die Geschichte von SchPIRA, beginnend über eine lange Treppe, durch ein romanisches Portal, einen Vorraum, umgeben von u.a. einem Umkleideraum mit steinernen Bänken, einem weiteren Vorraum und schließlich, wieder einige Stufen hinunter, zum Tauchbecken. Es war die erste Monumentalmikwe dieser Art in Europa. Sie diente, wie auch jene in Worms, der Choreografie der rituellen Reinigung und der Erhöhung dieses Rituals, insbesondere nach den Kreuzzügen.
Auf dem weiteren Gelände um die Mikwe befinden sich die gesicherten Reste der 1104 errichteten Synagoge und der Frauenschul. Diese stammt aus der Mitte des 13. Jh. Die Gemeinde in Speyer hatte sich hierbei die Frauenschul in Worms als Vorbild genommen. Es sind Hörschlitze zur Synagoge hin erhalten und auch eine steinerne Bank, auf der die Frauen während der Gottesdienste Platz nehmen konnten. Die Mikwe und die baulichen Reste der Synagogen stehen mit Blick auf Speyer im Zentrum des Antrags an die UNESCO.
Eine archäologische Stätte ist die Jeschiwa, deren Fundamente 1997/98 ergraben worden waren. Der Bau der Jeschiwa datiert in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts. Die Westseite des Lehrraums wurde an die Ostwand des Synagogenhofs angebaut. Als Annex zur Synagoge verdeutlicht die Jeschiwa die Wertschätzung religiösen Lernens und Lehrens im Judentum. Der Bau ist als archäologische Stätte im Boden erhalten und seine Gestalt ist an der aufgehenden Ostwand der Synagoge und der Umfassungsmauer des heutigen Hofareals ablesbar.
Die baulichen Reste lassen Rückschlüsse auf verschiedene Veränderungen zu, u.a. infolge der Pogrome von 1196 und 1349 und den nachfolgenden Wiederaufbauten. Nach dem Niedergang der Gemeinde im 15. Jh. wurde die Synagoge nach der Auflösung der Restgemeinde seitens der Stadt ab 1529 umgenutzt. Im Zuge dieser Umnutzung der Synagogen als Zeughaus wurde das aufgehende Mauerwerk der Jeschiwa teilweise abgetragen. Brände, Zerfall und Abrisse führten die Zerstörung fort. Die Shoah setzte der Ende des 18. Jh. neu gegründeten Gemeinde erneut ein Ende.
Mitte der 1990er formierte sich eine neue Gemeinde; 2011 konnte eine umgebaute Kirche als Synagoge eingeweiht werden (http://www.jkgrp.de/).
Seit den 1960ern kam es zu Ausgrabungen; seitdem wird das jüdische Erbe kontinuierlich gesichert und bewahrt. 2010 eröffnete am Eingang zum »Judenhof« das Museum SchPIRA. Dort werden Relikte und Ausgrabungsergebnisse zur Blütezeit der jüdischen mittelalterlichen Geschichte sowie Grabsteine aus dem 12. bis 15. Jh. gezeigt. Über Grabsteine nähern sich Besucher einzelnen Menschen aus der Gemeinde an, können sich dadurch ein Bild der Menschen dieser Gemeinde machen. Diese Grabsteine wurden nach Vertreibung und Pogromen vom zerstörten und dann aufgelassenen Friedhof entwendet und verbaut – in Brücken und Treppen. Einige fanden sich bei Bauarbeiten im 19. und 20. Jahrhundert wieder. Das Museum SchPIRA vereint unter anderem Relikte wie Fenster, Kapitelle, Grabsteine sowie Münzen (»Schatz von Lingenfeld«) in seinen Räumen. Gemeinsam legen diese Überreste Zeugnis ab vom jüdischen Speyer im Mittelalter. So schön diese Zeugnisse sind - für die UNESCO-Bewerbung werden sie lediglich im Kontext der Monumente berücksichtigt.
Infos der Stadt Speyer: Website